10. Deutscher Corporate M&A-Kongress

Branchentreff im Zeichen eines schwierigen Marktumfelds

Praktiker aus Konzernen und Mittelstand tauschen Erfahrungen über die neuesten Trends bei Fusionen und Übernahmen aus – Schwerpunktthemen Kommunikation und kultureller Wandel

München, 19. November 2012 – Wie steht es um die M&A-Aktivitäten in Deutschland? Welche Folgen hat das aktuell schwierige Marktumfeld auf die Branche? Und welche Rolle spielen die sogenannten weichen Faktoren für den Erfolg des M&A-Prozesses? Fragen wie diese standen im Mittelpunkt des 10. Deutschen Corporate M&A-Kongresses, der am 12. und 13. November in München stattfand. Rund 150 CEOs, CFOs und weitere M&A-Verantwortliche aus Konzernen und großen mittelständischen Unternehmen besuchten die Veranstaltungsreihe, in deren Mittelpunkt diesmal die Themen Kommunikation und kultureller Wandel standen. Weil kaum ein anderer Wirtschaftsbereich ähnlich sensibel auf die Verfassung der Finanzmärkte reagiert, barg die Jubiläums¬auflage des Kongresses besondere Brisanz. In der Jahresbilanz von Prof. Dr. Kai Lucks, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions, kamen aber auch positive Aspekte zum Ausdruck: Zwar sei 2012 „ein Jahr der Enttäuschung“ gewesen, doch „der EU-M&A-Markt hat sich zuletzt deutlich erholt“. Mit dem Kongress zeigte sich Lucks sehr zufrieden: Die vielen jüngeren Teilnehmer bewiesen, dass das Angebot eines Wissenstransfers vom Markt sehr gut angenommen werde.

Im Eröffnungsplenum gab Lucks zu bedenken, dass die Finanzkrise die gesamte Branche ver-unsichere. Insbesondere der Mittelstand halte sich bei Fusionen und Übernahmen zurück, so genannte Megadeals seien seltener geworden. Dies liege auch daran, dass es immer weniger gute Zielunternehmen, sog. „Targets“, gebe. In diesem Kontext verwies Dr. Otto Wiesheu, bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie a.D., jedoch auf neue Chancen in Osteuropa, China, Indien und in der arabischen Welt. Letztere verfüge über einen riesigen Markt. „Dort leben rund 400 Millionen Menschen mit einer Altersstruktur unter 25 Jahren“, erklärte der Gastredner. Die M&A-Akteure in diesem Raum würden sich deutsche Firmen als Partner wünschen.

Dr. Michael Drill, Vorstandsvorsitzender der Lincoln International AG, warf im Anschluss einen Blick in die Zukunft der Branche: Auch 2013, so prognostizierte der Redner, stünden strategisch motivierte Deals im Vordergrund, Notverkäufe blieben die Ausnahme. Die Qualität der Targets würde im Vergleich zu 2012 aber wohl sinken, so Drill. Zudem verwies der promovierte Finanzwissenschaftler auf den Megatrend der Internationalisierung: 60 bis 70 Prozent aller Transaktionen seien heutzutage grenzübergreifend. Für Deutschland bleibe die USA die wichtigste Käufer- und Targetnation. Ein steigender Anteil an Deals werde aber auch mit asiatischen Unternehmen vollzogen. Gerade japanische Unternehmen könnten demnächst in Deutschland aktiv werden: „In Japan ist viel freie Liquidität vorhanden und der japanische Yen ist im Vergleich zum Euro sehr stark gestiegen“, erklärte Drill. Für 2013 rechnet der Fachmann hierzulande mit rund 1100 Transaktionen. Dieses „signifikant niedrige Niveau“ werde aber nicht dauerhaft sein: „Mittel- und langfristig ist der M&A- ein Wachstumsmarkt.“

Dr. Alexander Bolz, Senior Consultant Board & Executive bei Mercuri Urval Germany, betonte in seinem Vortrag die Bedeutung weicher Faktoren bei M&A-Deals. In 50 bis 80 Prozent aller Transaktionen würden die anvisierten Ziele nicht erreicht, erläuterte Bolz. Dies liege an einer Vernachlässigung der soft facts. Oftmals würden Mitarbeiter gar nicht oder nur unzureichend über Fusionen/Übernahmen informiert, das Kulturmanagement sei unzureichend, das Integrationsmanagement oder die Stakeholderanalyse mangelhaft. Bolz forderte daher: „Es ist zwingend notwendig, dass wir zukünftig auf drei Komponenten fokussieren: Neben Finance und Strategy unbedingt auch auf den Faktor Mensch.“

Moderator Jochen Gutzy, Geschäftsführender Gesellschafter der MärzheuserGutzy Kommu-nikationsberatung, ging im Plenum schließlich der Frage nach, ob die M&A-Kommunikation „lästige Pflicht oder wesentlicher Erfolgsfaktor“ von Transaktionen sei. Florian Martens, Leiter Finance, Strategy, HR and External Affairs Communications, Daimler AG, gab eine eindeutige Antwort: Kommunikation sei ein Schlüsselfaktor für Erfolg. Dabei sieht Martens seine Abteilung nicht als Schreibstube, sondern als strategische Beratung, „die wesentliche kommunikative Herausforderungen lokalisiert und Lösungen dafür aufzeigt“. Eine umfassende und strategische Kommunikationsplanung könne für das jeweilige Unternehmen eine riesige Chance bedeuten. So biete sein Haus Journalisten regelmäßig Hintergrundgespräche an und erkläre dabei etwa gesetzliche Aspekte. Die Redakteure wiederum nähmen diesen Service gerne an.

Susanne Gläser, Redaktionsleiterin beim VentureCapital Magazin, konnte diese Aussage bestätigen und ergänzte: „Unternehmen sollten Journalisten als Partner sehen, nicht als lästige Störenfriede.“ Dennoch dominiere bei den M&A-Verantwortlichen oftmals die Angst vor unliebsamen Publikationen. Relevante Informationen würden zum Leidwesen der Redakteure häufig zurückgehalten. „Ich würde mir deshalb mehr Gelassenheit wünschen“, betonte Gläser. „Denn auf beiden Seiten des Schreibtisches sitzen keine Drachen, die nur auf den Fehler des anderen warten.“ Robert Kafka von der ADCURAM Group AG, erklärte, dass auch der Mittelstand die Bedeutung der Thematik erkannt habe. Sein Rat an die Branche: „Unternehmen sollten sich möglichst früh mit der Kommunikation auseinandersetzen und eine 360-Grad-Perspektive verfolgen.“ Denn Kommunikation erschöpfe sich nicht in Presse¬arbeit. Auch die Informationsbedürfnisse anderer Stakeholder wie Kunden, Lieferanten oder Mitarbeiter müssten bedient werden. Dabei gab Kafka den Rat, von Anfang an transparent und glaubwürdig zu kommunizieren. „Sie können nicht A sagen und B tun.“

Wie kulturelles Integrationsmanagement zum Erfolg führt, erläuterten Anabel Houben, Managing Partner bei der C4 Consulting GmbH und Marco Esser, Bereichsleiter Group Human Resources Business Management bei der Commerzbank AG. Als Praxisbeispiel diente den Referenten die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank 2008. Esser benannte zunächst die Eckdaten der Transaktion: Schon wenige Wochen nach Bekanntgabe der Übernahme wurden die Führungspositionen der ersten Ebene in einem fairen, transpa-renten Auswahlprozess besetzt. Da der Zusammenschluss nicht darauf zielte, die Dresdner Bank in der Commerzbank aufgehen zu lassen, sondern eine „neue Commerzbank“ zu formen, mussten rund 45.000 Mitarbeiter in eine neue Organisationsstruktur versetzt werden. In mehr als 350 Workshops wurden Führungskräfte aller Ebenen zu Change-Agents ausgebildet; so genannte „Zusammen-Wachsen-Workshops“ zielten darauf, die Mitarbeiter für kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu sensibilisieren.

Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, der Milliardenverluste der Invest-mentbank Dresdner Kleinwort und einer kritischen öffentlichen Meinung gegenüber Banken fand die Integration unter äußert schwierigen Rahmenbedingungen statt. In diesem Zusam-menhang erläuterte Anabel Houben, dass der Mehrwert des Zusammenschlusses in hohem Maße von den Mitarbeitern beider Banken, ihrem Engagement und ihrer Stimmung abhing. Deshalb habe es sich bewährt, die Mitarbeiter konsequent in den Wandel einzubeziehen. Esser unterstrich, dass die kulturelle Integration durch Leadership, Orientierung, Transpa¬renz, Klarheit und Geschwindigkeit positiv zu beeinflussen sei: „Die Rolle der Führungskräfte ist essenziell. Sie sind Anführer der Integration und gestalten den Wandel in ihrem Bereich aktiv mit.“ Ein weiterer Erfolgsfaktor: Mit regelmäßigen Befragungen wurde die Stimmung der Mitarbeiter gemessen. Damit ließen sich Stellzuschrauben zur schnellen und gezielten Steuerung des Changeprozesses identifizieren. Indem die Commerzbank ihr Integrations-projekt in weniger als drei Jahren im Mai 2011 zu einem erfolgreichen Ende geführt habe, konnte sie Maßstäbe für den Bankensektor und für vergleichbare Projekte setzen, so Esser.

Der Deutsche Corporate M&A-Kongress wurde von der Convent Kongresse GmbH in Kooperation mit dem Bundesverband Mergers & Acquisitions e.V., dem Merger Management Institut und der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH veranstaltet.

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LEHEL CARRÉ
Gewürzmühlstraße 11
80538 München

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